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10. Juli - Tag 4 von der Dorschenmühle zum Schiefer bei Lehesten (30Km)

Autor: Eckhard 11.07.2015
grenzpate.de - 10. Juli - Tag 4
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Hallo zusammen,
gestern bin ich von meinem Übernachtungsplatz bei der Dorschenmühle zum Schiefer bei Lehesten gewandert. Das sind ca. 30 km entlang des Rennsteigs. Eine ewige Strecke...

Ich bin dort allerdings zum ersten Mal wieder anderen Menschen auf dem Wanderweg begegnet. Bisher war ich sehr einsam unterwegs. Meine Fűsse mit den Blasen brennen sehr, jeden Schritt nehme ich bewusst wahr.

Nach ca. 8 Stunden bin ich gegen 18:30 angekommen.
Unterwegs habe ich bei einem älteren Ehepaar noch nach Wasser gefragt. Sie haben mir dazu noch eine Wurst und eine Banane gegeben. Es ist ein Wahnsinn, welche kleinen Dinge mich jetzt glücklich machen ich habe mich total gefreut.
Es ist unglaublich, wieviel Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft existiert. Leider wird sie oft missbraucht und dann werden die Menschen verschlossener, auch dieses Paar hat mir davon erzählt.

Ich bin an diesem Tag neben meinen körperlichen Schmerzen auch an eine Traurigkeit und Einsamkeit gekommen. Ich gehe alleine und habe keine Referenzpunkte. Ich war noch nie mit mir alleine, ohne TV oder Ablenkung. Jetzt bin ich allein mit mir und unbekannte, unangenehme Gefühle kommen hoch. Noch überlagern die Schmerzen diese Gefühle, aber sie sind da und zeigen sich. Ich bin gespannt und habe auch Angst davor.

Es ist auch eine unglaubliche Erfahrung, morgens aufzustehen und nicht zu wissen wo man abends schläft und die Nahrung bekommt.

Mein Vater und sicherlich seine Generation haben Hunger erlebt. Er konnte kein Essen wegwerfen, ich hatte es nicht nachvollziehen können. Das ändert sich gerade, ich bekomme eine andere Einstellung zur Nahrung. Bisher hungere ich nicht, aber ich esse, was die Menschen mir geben. Wegwerfen kann ich jetzt auch nichts, es ist so wertvoll.
Ich bin für jedes Lebensmittel dankbar und oft gerührt. Ich bekomme immer mehr Mitgefühl für die Menschen, die durch Krieg, Hunger und Vertreibung in unser Land fliehen. Durch meine Erfahrungen bekomme ich eine grobe Idee davon, was sie durchmachen. Diese Erlebnisse haben auch unsere Eltern und Großeltern machen müssen, vielleicht tragen wir noch etwas davon mit.

Gestern Abend bin ich im Schiefer Park angekommen und habe in dem Restaurant nach Lebensmittel gefragt. Der Wirt war zuerst skeptisch hat sich aber mein Projekt angehört. Danach erzählte er mir von seinen schlechten Erfahrungen. Oft kommen die Menschen mit der fordernden Haltung, er muss sie unterstützen. Er sagte, dort sei es keine Bitte sondern eine Forderung. Er gab mir ein Paket mit Tomaten, Brot, Wurst und Griebenschmalz mit.
Damit war Abendessen und Frühstück abgedeckt, ich war glücklich. Einen tollen Platz für mein Zelt habe ich dort auch gefunden. Die Nacht war allerdings sehr kalt und mein Zelt vom Morgentau komplett nass.
Geschlafen habe ich aber sehr gut. Jetzt geht es weiter, ich muss mich aber echt überwinden.

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