11. Juli - Tag 5 von Lehesten nach Schlauberg (25 km)
Der gestrige Tag war sehr wechselhaft mit Höhen und Tiefen, wie im Leben. Ich habe gestern Morgen endlich kapiert, dass meine Zeitplanung zu optimistisch war. Ein Schnitt von 25km pro Tag ist Momentan nicht machbar. Daher habe ich mich entschlossen, ca. 100 km zu kürzen, indem ich einigen Grenzschleifen abkürze. Gestern habe ich ca. 25 km abgekürzt.
So, aber zum gestrigen Tag.
In einem angrenzenden Hotel meines Schlafplatzes wollte ich warmes Wasser holen. Natürlich erzählte ich von meinem Projekt, worauf der Chef sagte, dies sei doch ein Egotrip mit einem schönen Rahmen drumherum.
Ich wollte sofort erklären und verteidigen, aber er hatte ja nicht ganz unrecht. Natürlich steckt mein Ego dahinter, ich möchte die Erfahrung machen. Warum ist es mir peinlich wenn es jemand so sieht?
Ich glaube, ich möchte lieber als der Gute dastehen, der selbstlos für Andere lebt. Aber das bin ich nicht, also kann ich hier mein Bewusstsein ändern und dazu stehen. Und wenn ein gesundes Ego mit sozialer Kompetenz ergänzt wird, ist es ein kraftvolles Paket.
Danke an den Mann, der mir diesen blinden Fleck gezeigt hat.
Ich bin dann gegen 10 Uhr losmarschiert. Es kostet viel Zeit, die Ausrüstung zu trocknen, Frühstück zu machen, Zeltplatz aufzuräumen. Nachts hat es zur Zeit um die 5 Grad und Morgens kommt der Tau, der alles durchnässt.
Ok, aber zurück zur Tour.
Ich habe mir die Etappe selbst aus der Karte zusammengestellt, ich denke auf dem Gebiet habe ich noch Potential zur Verbesserung. Jedenfalls habe ich mich im Wald etwas verlaufen und hatte keine Brotkrumen gestreut...
Somit war die Etappe länger als geplant. Ich kam an meine Grenze, jeder Schritt war unsagbar schwer.
Ich habe mich öfter hingesetzt und gedacht: "Ich gehe keinen Schritt mehr, lieber sterbe ich." Ich kenne dieses Gefühl aus meinem Leben, manchmal erscheinen mir Situationen zu groß und übermächtig. Dann will ich auch aufgeben oder suche nach Ausreden, warum es nicht geht.
In meinem Leben ist Krankheit ein tolles Muster dafür geworden. Ich werde tatsächlich krank, wenn ich vor so einer Situation stehe. Aber ich kenne dieses Muster jetzt und bin weiter gegangen. Zum Schluss musste ich noch ca. 36 m über eine Straße laufen. Da hat Paula, eine nette Dame aus der Region ein Mitgefühl gehabt und hat mich mitgenommen. Sie ist zu dem Fest des FC Nürnberg Fanclubs nach Schlauberg gefahren.
Dort angekommen hat sie mir gesagt, dass ich dort neues Trinkwasser bekommen kann. Und dann nahm der Tag eine große Wende. Die Mitglieder des Fanclubs waren von meiner Wanderung begeistert und haben mich zum Essen und Trinken eingeladen. Es gab Wurst, Wildschwein vom Spieß, Kartoffelsalat und Bier. Wow, was für ein toller Abend mit tollen Menschen aus der Region. Ich habe tolle Gespräche gehabt, mich in der Gemeinschaft sehr wohlgefühlt. Es spielt dort keine Rolle, wer oder was du bist...
Nach 3 Bier habe ich mein Zelt dort aufgebaut und bin gegen 22 Uhr eingeschlafen. Die Nacht war wieder kalt und nass, sodass ich gegen 5:30 aufgewacht bin. Ich habe mich dann in einen angrenzenden Gebirgsbach gewaschen, was sehr erfrischend war. Um ca. 8 Uhr kam Hubert und hat mir noch etwas Fleisch mitgeben. Gegen 9:00 kam Detlef und hat mich zu sich nach Hause zum Frühstück eingeladen, welches seine Frau vorbereitet hatte.
Ich war und bin von so viel Herzlichkeit wirklich überwältigt. Die Menschen in der Region sind nicht materiell reich, trotzdem sind sie sehr großherzig.
Wie sich eine Situation ändern kann. Vielleicht ist es jetzt gerade schwer und aussichtslos und morgen ist es absolut großartig. Oder umgekehrt, das ist das lebendige Leben.
So, jetzt geht es weiter, ich bin neugierig, was ich heute erlebe.
Zum Schluss noch ein großes Dankeschön für eure Unterstützung im Facebook oder in den Spenden. Das motiviert mich in den aussichtslosen Momenten ungemein. Jeder Schritt bringt ja auch einen Nutzen für euer soziales Spendenprojekt. Das motiviert mich ungemein. Ich kann mir jetzt vorstellen, welche Wichtigkeit die Briefe in den Kriegszeiten für die Soldaten hatten, die ständig in aussichtslosen Situationen waren. Egal, auf welche Seite sie standen.
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