13. August - Tag 38 Von Lüchow nach Dannenberg (26 km)
Heute bin ich über einige Umwege nach Dannenberg gewandert. Dabei bin ich hauptsächlich an der Jeetzel gelaufen, meistens auf dem Damm. Das ist zwar sehr heiß, aber auch landschaftlich sehr schön. Ich komme dabei in einen Automatik-Wandermodus, der die Gedanken schweifen lässt. Mein Bein schmerzt noch, aber ich habe das Gefühl, die Schwellung geht zurück.
Unterwegs habe ich eine nette Dame getroffen, die mit ihrem Hund unterwegs war. Wir haben uns sehr gut und offen unterhalten. Es ging dann um das Thema Schwiegermutter, ein gut bekanntes Thema. Sie erzählte mir von ihrem Mann, beruflich außerordentlich erfolgreicher Manager, der sich mit 50 Jahren noch nicht von der Mutter abgenabelt hat. Daher liegt sie im ständigem Kampf und Wettstreit, was zur Trennung geführt hat. Trotzdem lieben sich beide, sehen aber keinen Ausweg und entwickeln depressive Symptome. Ein ganz heißes Thema, aber oft in Beziehungen sehr präsent.
Auf der anderen Seite sind es oft die Männer, die gegen ihre Schwiegerväter bestehen müssen. Und ich kenne dieses Thema auch gut aus meinem Leben. Meine Wanderung dient auch dazu, emotional nicht von anderen Menschen abhängig zu sein sondern allein mit mir glücklich zu sein. Das betrifft natürlich vor allem den Menschen, mit dem ich am engsten verbunden bin, meine Frau.
Das ist für mich ebenfalls eine neue Erfahrung, denn Einsamkeit habe ich bisher nicht aushalten können. Erst nach den vielen Jahren eigener Entwicklungsarbeit komme ich nun zu dem Punkt, dass ich gut allein sein kann und mich immer mehr selbst so annehmen und lieben, wie ich bin. Und das auch mehr und mehr ohne die ständige Bestätigung von außen, wobei ich das immer noch sehr mag. Und damit kann ich eine echte Partnerschaft mit meiner Frau leben.
Und versteht mich hier richtig, es geht darum, sich selbst zu lieben ohne selbstverliebt und narzisstisch zu sein.
Ein ganz heißes Thema, kam aber in der Unterhaltung auf und hat mich noch für einige Zeit der Wanderung beschäftigt. Heute ist die Frage des "Mannseins" nach all den positiven Entwicklungen der Frauen in unserer Gesellschaft endlich präsent. Ich habe mich dem Thema gestellt und ein Männerjahr als Training gemacht, was mich in meiner Rolle als Mann geändert und bewusster gemacht hat.
Solche Gedanken und Themen kommen jetzt beim Wandern hoch und beschäftigen mich einige Zeit. Was ich sonst im Alltagsstress wegschiebe, kompensiere oder verdränge, findet hier Platz und Zeit und ich kann es zulassen ohne Angst, etwas scheinbar Wichtigeres zu verpassen. Das ist ein echter Luxus sich diese Zeit zu nehmen.
Ich bin dann gegen 16 Uhr in Dannenberg angekommen und auf dem Zeltplatz übernachtet. Dort war ein holländisches Paar, ca. 50 Jahre alt, die jedes Jahr für 2 Wochen zusammen mit dem Fahrrad durch Europa fahren um auf Zeltplätzen zu übernachten und sich zu "erden". Beide sind beruflich sehr erfolgreich und wollen in der schnelllebigen Welt nicht den Kontakt zum Boden verlieren. Das fand ich eine sehr bemerkenswerte Einstellung.
- 1. |
- 2
- 3
- Eine Seite weiter.